So gelingt Ihr Interview-Auftritt
Das Interview ist die direkteste Darstellungsform im Journalismus. Hier berichtet nicht der Reporter in eigenen Worten, sondern verfasst einen Text, der den Anspruch hat, das gesprochene Wort des Protagonisten originalgetreu wiederzugeben. Entsprechend unmittelbar und ungefiltert werden die Aussagen mit der Person des Interviewten in Verbindung gebracht. Die folgenden Tipps helfen Ihnen, sich auf Ihr Interview vorzubereiten und es durchzuführen.
Vor dem Interview:
Informieren Sie sich genau über Ihren Gesprächspartner
Holen Sie sich Infos zu Medium und Verbreitung, zur Schreibe, zur Aufbereitung von Beiträgen, Erfahrungen anderer Kollegen. Versuchen sie möglichst viel über Ihren Gesprächspartner und dessen Persönlichkeit zu erfahren. Was mag er/sie besonders? Auf welche Art von Informationen fährt er/sie ab? Bereiten Sie gezielt Aspekte vor, die er schätzt. Damit spüren Journalisten, dass Ihnen das Gespräch und das Gegenüber wichtig sind. Besonders angenehm ist es, wenn Sie vielleicht zu Beginn, quasi zum Aufwärmen, ein persönliches Thema bei Ihrem Interviewpartner ansprechen. Vielleicht wissen Sie ja zufällig, womit er seine Freizeit verbringt. Das ist immer ein wirkungsvoller Eisbrecher, da Sie eine persönliche Ebene schaffen.
Bereiten Sie sich genau vor
Meist werden Sie zu einem Thema in Ihrer Kommune befragt, über das Sie stundenlang referieren könnten. Nachdem Sie aber nur wenig Zeit haben, Ihre zentralen Botschaften unterzubringen (siehe unten Besonderheiten der Medien), sollten Sie vorab genau überlegen, was Ihnen am wichtigsten ist. Formulieren Sie diese Aussagen knackig schriftlich aus, damit diese im Interview wirklich sitzen. Wählen Sie die Aspekte aus, die die Zielgruppe des Mediums interessieren. Vermeiden Sie schwer verständliche Nebenaspekte und komplizierte Erklärungen. Vereinfachen Sie, soweit dies möglich ist. Bedenken Sie: Radio wird nebenbei gehört, die Zeitungsartikel meist überflogen. Alles, was zu komplex ist, speichert das Gehirn nicht ab.
Fassen Sie Zahlen, Daten, Fakten schriftlich zusammen
Journalisten schätzen es, wenn Sie nicht alles mitschreiben müssen, sondern sich stattdessen auf Sie konzentrieren können. Bereiten Sie daher für Ihren Gesprächspartner eine Übersicht vor, die das Wichtigste in Kürze zusammenfasst. Das erhöht zudem Ihre Sicherheit, dass keine falschen Informationen in den Beitrag gelangen.
Während des Interviews:
Steuern Sie das Gespräch aktiv mit
Beobachten Sie bei längeren Interviews unbedingt die Reaktionen Ihres Gegenübers und gehen Sie darauf ein. Durch aktives Zuhören und Aufnehmen des Gesagten schaffen Sie Vertrauen, weil Ihre Zuhörer sich wahrgenommen fühlen. Auch wenn es sicherlich oft schwerfällt: Lassen Sie sich auf keinen Fall provozieren. Schauen Sie Ihren Gesprächspartner stattdessen freundlich an und sprechen ruhig mit ihm.
Achten Sie auf Inhalt, Sprache und Körperhaltung!
Nehmen Sie eine offene und zugewandte Körperhaltung ein. Achten Sie darauf, im Sitzen nicht zusammenzusinken, das wirkt sich auf Ihre Stimme aus. Bei der Bewertung einer Person schlägt die Körpersprache mit satten 65 Prozent zu Buche, die Stimme mit 25 Prozent und das gesprochene Wort mit nur zehn Prozent! Sprechen Sie deutlich und natürlich, lesen Sie nicht ab. Machen Sie Pausen. Vermeiden Sie Fachbegriffe und Schachtelsätze. Denn wer sich beim Zuhören zu sehr konzentrieren muss, schaltet ab.
Besonderheiten der verschiedenen Medien
Vor der Fernsehkamera
Die Rechnung im Fernsehen ist ganz einfach: Quote ist alles. Und wer macht Quote? Charismatische und humorvolle Gäste. Das ist Ihre Chance! Präsentiert sich ein Interviewpartner langweilig, wird er weniger Sendezeit bekommen – obwohl seine Botschaft hochwertig ist. Umgekehrt bekommt ein inhaltlich weniger spannendes Thema deutlich mehr Raum, weil der Redner Ausstrahlungskraft hat und das Publikum förmlich an seinen Lippen hängt. Je sicherer Sie sich im Umgang mit der Kamera fühlen, desto natürlicher, authentischer und stimmiger bewegen Sie sich. Hier gilt: Übung macht den Meister. Erarbeiten Sie sich vorab genau Ihr Thema, streuen Sie ein paar persönliche Begebenheiten ein, die Ihren persönlichen Bezug zum Thema vermitteln – und üben Sie vor dem Spiegel. So können Sie selbst leicht herausfinden, wie Sie rüberkommen. Mit jeder Übungseinheit werden Sie sich sicherer fühlen und damit ausdrucksstärker auftreten.
Der Radiotalk
Sie denken vielleicht, ein Radio-Interview wäre deutlich einfacher als ein Interview vor der Kamera? Weit gefehlt, denn im Rundfunk sind die Regeln ähnlich anspruchsvoll wie im Fernsehen. Sie haben nur 15 Sekunden Zeit, um beim Hörer Interesse zu wecken, sonst wird abgeschaltet. Lediglich 30 Sekunden dürfen Sie brauchen, um Ihre Kernbotschaft zu platzieren. Ein gutes Zeitgefühl ist hier schon die halbe Miete. Schreiben Sie sich daher vorher genau den Aufbau Ihrer Argumentation auf – und üben Sie, am besten mit Stoppuhr, um einen genauen Überblick über die Zeit zu haben!
Im Radio zählen Stimmlage, Stimmgeschwindigkeit und Sprache. Bedenken Sie, dass man Sie zwar nur hört, aber durch Ihre Stimme kann sich der Hörer ein Bild von der ganzen Person machen – von Ihrer seelischen Verfassung, Ihrer Körperhaltung und Ihrer Einstellung. Sie sind also nur vordergründig unsichtbar! Eine Möglichkeit ist es, sich die Zuhörer wie in einem Saal vorzustellen. Wenn Sie sich vorstellen, direkt zu Ihnen zu sprechen, werden Sie anders reden. Lächeln Sie, wenn es das Thema zulässt, das hört man auch an Ihrer Stimme.
Das Zeitungsinterview
Ein unbedacht gewählter Nebensatz oder lediglich eine abwertende Geste bieten Stoff für ganz große Geschichten. Daran sollten Sie immer denken. Bereiten Sie sich daher ganz genau vor – auch bei vermeintlich unverfänglichen Themen. Überlegen Sie vorher genau, was Sie sagen und was Ihnen auf keinen Fall herausrutschen sollte. Spüren Sie sich in den Journalisten hinein: Was ist seine Intention? Worauf möchte er hinaus? Was könnte ihn interessieren? Am besten ist es, wenn Sie einen spannenden Aspekt zum Thema bieten können, den Ihr Gegenüber noch nicht kannte. Damit lenken Sie das Gespräch in Ihre gewünschte Richtung.
Das A und O im Medium Print ist es, dass Sie eine offene und partnerschaftliche Gesprächsatmosphäre schaffen. Sobald Journalisten nur ein wenig spüren, dass Sie etwas verbergen, werden sie einhaken. Auch Zeitungsjournalisten machen sich immer ein Gesamtbild von Ihnen. Achten Sie auf Ihre Sitzhaltung, Ihre Gesten, Ihre Mimik. Sie werden ihren Lesern nämlich immer zumindest zwischen den Zeilen beschreiben, wie Sie sie erlebt haben.
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